8. April 2009 BGH bestätigt Urteil gegen WWK Lebensversicherungen

Ein Versicherungsvertreter der WWK Lebensversicherung a.G. entwickelte in den 90er Jahren ein kreditfinanziertes Rentenmodell. Er wandte sich zielgerichtet an solche Kunden, die überwiegend schuldenfreie Eigenheime besaßen. Seine Empfehlung ging dahin, „das Geld arbeiten zu lassen“. Hierzu empfahl er, mit dem Eigenheim besicherte Darlehen aufzunehmen und das Kapital in Aktienfonds zu investieren.

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Über regelmäßige Entnahmen aus den Investmentfonds seien sowohl die Zinsen für das aufgenommene (und endfällig zu tilgende) Darlehen, wie auch die Beiträge für diverse fondsgebundene Rentenversicherungsverträge bei der WWK zu bezahlen. Die Erträge aus den Investmentfonds würden ausreichen, um diese Kosten zu bezahlen. Nach Ablauf von 10 bis maximal 15 Jahren könne dann aus den Investmentfonds-Anteilen das Darlehen zurückgeführt werden.

Die Rentenansprüche aus den fondsgebundenen Rentenversicherungen würden den Anlegern dann verbleiben. Nach den Feststellungen des von Anlegerschutzanwalt RA Andreas Mayer (Kanzlei Mayer & Mayer Rechtsanwälte, Freiburg) erstrittenen Urteils des OLG Karlsruhe v. 14.03.2008 (13 U 202/06) hatte der als Ausschließlichkeitsvertreter für die WWK tätige selbstständige Handelsvertreter versäumt, auf die besonderen Verlustrisiken, wie auch das Verschuldungsrisiko hinzuweisen. Letztlich war dem Modell das Risiko immanent, dass das Eigenheim, die bis dahin bestehende Altersvorsorge der Anleger, verloren gehen kann. Auch wurden die Anleger nicht darüber aufgeklärt, dass durch eine kontinuierliche Entnahme aus dem Depot der sog. „negative Cost-Average-Effekt“ auftritt. Dieser stellt die Kehrseite des „Cost-Average-Effektes“ dar, der für Ratensparpläne gilt.

Durch Entnahmen auch in schlechten Börsenzeiten müssen mehr Investmentfonds-Anteile verkauft werden als in guten Zeiten. Dafür steht letztlich dann bei Kurssteigerungen weniger Substanz in dem Depot zur Verfügung, wodurch deutlich höhere Kursgewinne erforderlich sind, um solche Steigerungen zu erzielen, die wieder die laufenden Entnahmen decken. Letztlich gerät der Grundstock des Kapitals in Gefahr, nach und nach aufgezehrt zu werden. Die WWK versuchte sich damit zu verteidigen, dass ihr Versicherungsagent Geschäfte außerhalb des der WWK zurechenbaren Bereichs vorgenommen habe, indem er Darlehensverträge von Banken vermittelt habe, die nicht zu den Produktpartnern der WWK zählten. Dieses Argument wurde vom OLG Karlsruhe zurück gewiesen.

Der enge Zusammenhang zwischen Vermittlung der Investmentfonds-Anteile und der Lebensversicherungen führt zur Haftung der WWK hinsichtlich der Beratung des gesamten Anlagemodells, das auch eine Darlehensfinanzierung mit einbezog. Die Anleger traf nur ein leichtes Mitverschulden. Der Bundesgerichtshof bestätigte nun dieses Urteil (Nichtannnahmebeschluss vom 29.1.2009, III ZR 94/08).

Darlehensfinanzierte Modelle mit englischen oder deutschen Lebensversicherungen sind riskante Zinsdifferenzgeschäfte

Generell gilt, dass der Vertrieb von finanzierten Anlage- oder Rentenmodellen verpflichtet ist, den Kunden über die Risiken aufzuklären. Dies bedeutet, dass sowohl eine auf die Person des Anlegers zugeschnittene, wie auch eine den Risiken und der komplexen Konstruktion der Modelle gerecht werdende Aufklärung und Beratung zu erfolgen hat. Da es in den „darlehensfinanzierten Rentenmodellen“ immer um den essentiellen Bereich der privaten Altersvorsorge geht, ist auch eine entsprechende vertiefende Beratung zu erbringen, die sich nicht nur auf die (angeblichen) Vorteile Beschränken darf. Das OLG Celle mit Urteil vom 15.08.2002 (AZ 11 U 291/01) in einem vergleichbaren Fall betreffend kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen zur Absicherung der Altersvorsorge die Beratungspflichten dahin gehend konkretisiert, dass eine zusammenstellende Aufzählung und Gewichtung der Risiken erfolgen müsse.

Die Risiken dürften im Prospekt nicht nur vereinzelt dargestellt. werden. Ein Anlageberater, der eine solche Anlage vertreibe, schulde eine eigene Prüfung, Gewichtung und Benennung der wesentlichen Risiken der Anlage, wenn diese sich im Prospekt an keiner Stelle geballt und zusammengefasst und in leicht nachvollziehbarer Form finde. Solche übersichtlichen Darstellungen finden sich aber regelmäßig nicht in den Unterlagen der Betroffenen. Oft wurden jedoch Berechnungsbeispiele vorgelegt, die mit Annahmen von Renditen in den Lebensversicherungs- bzw. Rentenversicherungsverträgen arbeiten, die selbst von den englischen Versicherungsunternehmen als unrealistisch bezeichnet wurden. Auch wurde häufig mit angeblichen Vergangenheitswerten aus Fonds geworben, die nicht mit den konkret beworbenen Versicherungsfonds vergleichbar waren. Der Vertrieb schuldet dem Kunden bei fehlerhafter Beratung und Aufklärung Schadensersatz in Form der Rückabwicklung. Mayer & Mayer Rechtsanwälte empfehlen allen Betroffenen derartiger Modelle, sich über ihre Situation und ihre rechtlichen Möglichkeiten anwaltlich beraten zu lassen. Dabei sollte auch das Risiko einer Verjährung von Schadensersatzansprüchen sowie der Verlust von Widerrufsrechten durch die Änderung oder Ablösung des Kredits beachtet werden.

Freiburg, den 7.4.2009