13. März 2020 Bausparvertrag: Kündigung wegen Beitragsrückstand?

Deutsche Bank Bauspar AG erklärt Kündigung wegen Beitragsrückstands – obwohl immer bezahlt wurde.

Rückstand? Wie kann das sein?

Zunehmend kündigen Bausparkassen mit der Begründung, dass der Bausparer sei seit vielen Jahren mit seinen Sparbeiträgen „in Rückstand“ sei. Dies, obwohl der Bausparer immer denselben Sparbetrag seit Jahren bezahlt  und keine Rate ausgelassen hat. Wie kann dann trotzdem ein „Rückstand“ entstehen?

Sparbeitrag geringer als Regelsparbeitrag

Bis vor ca. 3 Jahren haben Bausparkassen üblicherweise keinen Wert darauf gelegt, dass der Bausparer den  Regelsparbeitrag tatsächlich erbringt. Ob er überhaupt etwas einzahlt, oder geringere Beträge als den Regelsparbeitrag, war den Bausparkassen im Grunde egal. Sie überließen dies schlicht der Entscheidung des Bausparers.

Deutsche Bank Bauspar AG kündigt nach 15 Jahren

In einem Fall mit der Deutschen Bank Bauspar AG (heute: BHW Bausparkasse AG) war es sogar so, dass über 15 Jahre hinweg der Bausparer monatlich per Lastschrift einen Sparbeitrag einziehen ließ, wie er im ursprünglichen Antrag auch angegeben war. Nur eben, dass dieser Betrag von Anfang an nur etwas mehr als ein Drittel des Regelsparbeitrages ausmachte. Dies war 15 Jahre lang gar kein Problem. Jetzt meinte die Bausparkasse aber, vermeintliche „Rückstände“ bei dem Bausparer eintreiben zu können und mit Kündigung des Vertrages drohen zu dürfen. Wenn der Bausparer nicht nachzahlt, wird ihm gekündigt. In Zukunft soll er den vollen Regelsparbeitrag (fast den dreifachen Betrag der bisher über 15 Jahre geleisteten Zahlung) erbringen. Andernfalls wird er aus dem schon mehr als 15 Jahre alten Vertrag hinausgekündigt.

Nachforderung und Kündigung

Die „Nachforderung“ von angeblich rückständigen Regelsparbeiträgen dient allein dem Umstand, ein Kündigungsrecht zu erlangen. Denn dann, wenn der Bausparer mit mehreren Raten in Rückstand ist, kann die Bausparkasse kündigen, auch wenn noch nicht zehn Jahre seit Zuteilungsreife vergangen sind. Die Bausparkasse benötigt jedoch diese Sparbeiträge gar nicht, um Darlehen an andere Bausparer zu vergeben. Im Gegenteil: Die Bausparkasse leidet darunter, dass zu wenig Bauspardarlehen aktuell abgerufen werden.

Treue Kunden werden gekündigt

Klar ist daher, dass diese Kündigung nur dem einen Zweck dient: Die früher nur spärliche Verzinsung des Guthabens ist in Anbetracht des niedrigen Zinsumfeldes heute durchaus attraktiv. Auch altgediente Kunden werden von Kündigungen nicht verschont. Selbst Kunden, die immer redlich und treu ihre monatlichen Sparzahlungen erbracht haben, werden nach über 15 Jahren zur Zahlung eines viel höheren Regelsparbeitrages herangezogen, obwohl dies nie von den Vertragsparteien beabsichtigt war.

Oberlandesgerichte: Kündigung ist treuwidrig

Die Oberlandesgerichte Hamm, Stuttgart und München haben in derartigen Fallkonstellationen der Bausparkasse aus Treu und Glauben ein Kündigungsrecht verwehrt. Wenn die Bausparkasse über viele Jahre hinweg es hingenommen hat, dass der Regelsparbeitrag nicht vollständig einbezahlt wird, so ist ihr Recht, einen Rückstand daraus einzufordern und in Zukunft den vollen Regelsparbeitrag zu verlangen aus Treu und Glauben entfallen. Das Oberlandesgericht Köln hat wegen dieser Frage die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (OLG Köln, Urteil vom 11.7.2019, Az. 12 U 243/17).

Kündigungsgründe nur vorgeschoben

Die Deutsche Bank Bauspar AG (heute: BHW Bausparkasse AG) schreibt über 15 Jahre nach Vertragsabschluss, in denen der Bausparer treu und brav jeden Monat 119 EUR Sparbeitrag einbezahlt hatte, den Bausparer im Oktober 2018 an.

Die Begründung des Kündigungsbriefes überraschte den Bausparer:

„Um die Vorteile aus dem Vertrag weiterhin nutzen zu können, muss der Vertrag entsprechend den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB § 2 Abs. 1) regelmäßig und in der erforderlichen Höhe bespart werden. Der monatliche Regelsparbeitrag für Ihren Bausparvertrag beträgt 350 € (fünf Promille der Bausparsumme). Auf Ihren Bausparvertrag fehlen gerechnet ab dem 1.12.2017 Regelsparbeiträge in Höhe von insgesamt 2.145,94 €. Bitte überweisen Sie diesen Betrag bis spätestens 4.12.2018 auf Ihr Bausparkonto.“

Und weiter:

„Wenn Sie den rückständigen Betrag rechtzeitig auf Ihr Bausparkonto eingezahlt haben, führen wir Ihren Bausparvertrag gerne fort. Besparen Sie Ihren Vertrag bitte künftig monatlich mit dem Regelsparbeitrag.“

Sodann wird mit der Kündigung gedroht:

„Für den Fall, dass Sie bis zum 4.12.2018 die angeforderte Nachzahlung nicht vollständig eingezahlt oder uns die beigefügte Zuteilungserklärung nicht zurückgeschickt haben, sprechen wir bereits heute die Kündigung des Vertragsverhältnisses zum 12.12.2018 aus. Als Bausparkasse sind wir gesetzlich dazu verpflichtet, die Gemeinschaft der Bausparer zu schützen. Die regelmäßige Besparung der Verträge ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. Vor diesem Hintergrund steht uns ein vertragliches Kündigungsrecht zu, falls der Bausparer die geforderte Nachzahlung von mehr als sechs rückständigen Regelsparbeiträgen nicht innerhalb von zwei Monaten leistet.“

Treu und Glauben in der Bauspargemeinschaft?

Die „Bauspargemeinschaft“ hätte sicherlich ein gesundes Verständnis für den Bausparer. Denn ein Bausparer, der über 15 Jahre lang immer dieselbe Rate bezahlt, würde sicherlich nicht kurz vor regulärem Ablauf des Bausparvertrages mit einer derartigen Begründung zur Beendigung des Vertrages gezwungen, bzw. hinausgekündigt. Solches Verhalten ist nicht nur unredlich, sondern auch schädlich für die Gemeinschaft der Bausparer.

Mayer & Mayer Rechtsanwälte haben gegen diese Kündigung Klage für den Bausparer eingereicht.

In Bausparangelegenheiten beraten wir Sie ebenfalls gerne. Sie können sich über unser Kontaktformular jederzeit an uns wenden.