Durch Deutschland rollt eine Kündigungswelle der Bausparkassen.
Im Dezember 2014 berichtete der ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest auf Spiegel Online unter der Überschrift „So zocken Bauparkassen ihre Kunden ab“ über fragwürdige Methoden der Kündigung von Altverträgen.
Insbesondere die LBS Bausparkasse und die BHW Bausparkasse AG haben gegen Ende 2014 Verträge gekündigt (bzw. angedroht), bei denen die Zuteilungsreife des Bausparvertrages bereits länger als 10 Jahre vergangen ist.
Guthabenzinsen und Bonuszinsen
In solchen Verträgen, die oft in Hochzinsphasen abgeschlossen wurden, sind häufig noch Guthabenzinsen von 2% bis 3% oder sogar noch mehr durch die Bausparer zu erzielen.
Verträge der BHW Bausparkasse AG enthalten zum Teil Ansprüche auf „Bonuszinsen“, die zu einer nachträglichen Gesamtverzinsung von bis zu 5% des Bausparguthabens rückwirkend bei Verzicht auf das Bauspardarlehen führen.
Verständlicherweise haben die Bausparkassen kein Interesse mehr daran, solche Bausparverträge weiterhin mit hohen Guthabenzinsen zu „versorgen“, wenn sie auf dem Kapitalmarkt derartige Zinsen derzeit gar nicht mehr erzielen können.
Auf der anderen Seite haben die Bausparer durch die jahrelange Ansparung des Bausparvertrages und mit der Zuteilungsreife des Vertrages aber einen Anspruch auf den Erhalt eines Bauspardarlehens erworben. Die Bausparer erwarben somit eine Anwartschaft auf ein zinsvergünstigtes Darlehen erhalten, die Ihnen durch die jetzt ausgesprochenen Kündigungen seitens der Bausparkassen aus der Hand geschlagen wird.
Dies müssen Bausparer nach unserer Rechtsauffassung nicht hinnehmen.
Angebliches Kündigungsrecht
Die Bausparkassen berufen sich auf ein angebliches Kündigungsrecht gem. § 489 BGB. Diese Vorschrift befindet sich in dem Abschnitt des Darlehensrechtes, der mit „Verbraucherdarlehensvertrag“ überschrieben ist. Die Kündigungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift soll den Verbrauchern ermöglichen, bei vertraglich vereinbarter längerer Zinsbindung in jedem Fall nach 10 Jahren aus einem grundsätzlich unkündbaren Vertrag durch Kündigung auszusteigen.
Der § 489 BGB enthält also eine klar verbraucherschützende Regelung, die schon vom Prinzip her nicht von einem Unternehmen dazu herangezogen werden kann, sich aus selbst eingegangenen Verpflichtungen zu lösen. Denn die Bausparkassen haben sich sehenden Auges auf derartige Vertragskonstruktionen eingelassen, ohne zeitliche Befristung für die Abnahme des zuteilungsreifen Bauspardarlehens.
Es sind uns sogar Verträge der LBS Bausparkasse bekannt, in denen die Bausparkasse ausdrücklich ein Kündigungsrecht für sich selbst ausgeschlossen hat. Dennoch wurden auch solche Verträge gegenüber dem Bausparer gekündigt. Generell enthalten Bausparverträgen Bedingungen, die von einer jederzeitigen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nach Zuteilungsreife sprechen. Es gibt auch keine Abnahmeverpflichtung bezüglich des Bauspardarlehens. Eine zeitliche Begrenzung des vertraglichen Anspruchs auf Bauspardarlehen ist generell nicht vereinbart – im Gegenteil: es wird von „jederzeitiger“ Möglichkeit der Inanspruchnahme gesprochen. In den uns vorliegenden Verträgen sind keine Kündigungsrechte der Bausparkasse geregelt.
Doch kein Sparvertrag?
Dennoch berufen sich die Bausparkassen jetzt darauf, der Zweck des Bausparens habe sich dann erledigt, wenn der Bausparer länger als 10 Jahre auf sein zustehendes Bauspardarlehen verzichte bzw. dieses nicht in Anspruch nimmt. Zweck des Bausparens sei das „Bausparen“ also auch – das Bauen.
Dies trifft schon vom Ansatz her nicht zu, weil gerade in den Jahren, in denen überwiegend die jetzt gekündigten Verträge beworben und abgeschlossen wurden, gerade damit geworben wurde, dass Bausparen sich auch ohne Wunsch „ein Häusle zu bauen“ lohnen könne, nämlich als reiner Sparvertrag aufgrund der guten Verzinsung. Sicherlich klingen dem einen oder anderen Betroffenen die damaligen Werbeaussagen der Bausparkassen noch in den Ohren.
Die Kündigung ist deshalb aus rechtlichen Gründen unbegründet. Sie ist nicht hinzunehmen und Bausparer sollten sich dagegen wehren. Dies sieht im übrigen die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. ebenso.