4. Januar 2019 Nachzahlung oder Bausparkasse kündigt

Kündigungsandrohung wegen „rückständiger Regelsparbeiträge“

Verschiedene Bausparkassen drohen mit der Kündigung des Bausparvertrages, weil der Bausparer sich im Rückstand mit Regelsparbeiträgen befinde. Werden diese angeblichen Rückstände nicht kurzfristig ausgeglichen, erfolgt die Kündigung.

Rückstände trotz Einverständnisses der Bauparkasse?

Können Rückstände von Beitragszahlungen eingefordert werden, obwohl die Bausparer jahrelang beanstandungsfrei den Bausparvertrag geführt haben? Dürfen Bausparkassen über viele Jahre „Rückstände“ nachfordern? Am nachfolgend dargestellten Fall wollen wir diesen Fragen nachgehen.

Der Fall: Aachener Bausparkasse

Ein Bausparer hat vor Jahrzehnten einen Bausparvertrag (damals noch mit der HUK Coburg Bausparkasse) abgeschlossen. Nachdem er zunächst die monatlichen Raten leistete, stellte er diese Zahlungen später ein. Hierauf reagierte die Bausparkasse nicht. Über viele Jahre hinweg akzeptierte sie die Tatsache, dass er keine Sparbeiträge mehr leistete.

Im Jahr 2018 schrieb nun die Bausparkasse ihren Kunden an und wies ihn drauf hin, dass er „nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge verpflichtet (ist), monatliche Regelsparbeiträge zu leisten. Für Ihren Bausparvertrag sind dies monatlich 109,93 €.“

Bausparkasse fordert fast 15.000 € nach

„Dieser vertraglichen Grundlage sind Sie bisher nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Bei ordnungsgemäßer Besparung Ihres Bausparvertrags gemäß den zugrunde liegenden ABB würde ihr Bausparguthaben sich heute – ohne Berücksichtigung von Zinsgutschriften – auf ca. 30.230 € belaufen. Wir fordern Sie nunmehr auf, die rückständigen Regelsparbeiträge – begrenzt auf die Bausparsumme – i.H.v. 14.604 € wie folgt einzuzahlen:“ (es folgt die Angabe des Bausparkontos des Bausparers).

Zwei Monate Zeit für die Nachzahlung – sonst Kündigung

Zur „Nachzahlung“ in Höhe von fast 15.000 € gab die Bausparkasse dem Bausparer ganze 2 Monate Zeit. Sie vergaß nicht, darauf hinzuweisen, dass dann, wenn er diese Zahlung nicht rechtzeitig erbringt, die Kündigung des Bausparvertrages erfolgen werde.

Der Clou: Die Kündigung des Vertrages erfolgt sowieso

Ebenfalls wies die Aachener Bausparkasse ihren jahrzehntelangen Kunden darauf hin, dass der Vertrag aber so oder so gekündigt werde.  Denn selbst wenn der Bausparer die geforderte Summe nachzahle, werde sie den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Nach der Zahlung sei nämlich die Bausparsumme des Vertrages dann erreicht. Somit sei der Vertrag dann „überspart“!

Unsere Bewertung

Wir sehen darin, dass die Bausparkasse über viele Jahre auf den monatlichen Regelsparbeitrag ganz offensichtlich keinen Wert legte, einen Verzicht auf die Erbringung der Sparraten. Wir sind der Meinung, dass die Nachforderung von vor vielen Jahren fällig gewordenen Regelsparbeiträgen verwirkt ist.

Regelsparbeiträge, die vor über drei Jahren angefallen sind, sind jedenfalls verjährt. Die Verjährungsfrist für die Forderung des monatlichen Regelsparbeitrages beginnt am Ende des Jahres, in dem der Sparbeitrag hätte bezahlt werden müssen. Die Verjährung tritt dann nach 3 Jahren ein (§§ 195, 199 BGB). Dies bedeutet, dass Beiträge aus dem Jahr 2015 und davor seit 1.1.2019 verjährt sind.

Treuwidriges Verhalten

Das Verhalten der Bausparkasse ist unseres Erachtens auch treuwidrig. Der Bausparvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, in dem beide Vertragsparteien gegenseitige Rechte und Pflichten übernommen haben. Sie haben dabei auch auf die Belange des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Bei einer vereinbarten monatlichen Sparleistung von 109,93 € den Bausparer mit einer aufgelaufenen Forderung von nahezu 15.000 € zu „überfallen“, ist unredlich. Die Summe entspricht den Sparbeiträgen von über 11 Jahren!  Es blieb der Bausparkasse auch nicht verborgen, dass viele Jahre (im konkreten Fall nahezu zwei Jahrzehnte) der Regelsparbeitrag nicht bezahlt wurde. Nimmt die Bausparkasse ihre Rechte nicht wahr und verlangt nicht zeitnah die regelmäßige Besparung des Vertrages, verzichtet sie auf das ihr zustehende Recht.

Vertrauen in jahrelange Praxis

In der Vergangenheit haben tatsächlich alle Bausparkassen die Bausparer praktisch nie dazu angehalten, den Regelsparbeitrag zu leisten. Die Unsitte, entgegen einer jahrzehntelangen Praxis der Bausparkassen, jetzt auf der Entrichtung von Regelsparbeiträgen sogar für die Vergangenheit zu beharren, rührt allein aus dem Umstand, dass die Bausparkassen sich aus den noch gut verzinsten Bauspartarifen der Vergangenheit lösen wollen. Die Bausparer vertrauten in die jahrelange andere Vertragspraxis der Bausparkassen. Sie rechneten deshalb auch nicht damit, dass für die Vergangenheit „Rückstände“ auflaufen könnten. So haben die Vertriebsmitarbeiter der Bausparkassen in der Regel auch die Bausparer beraten.

Muss der Bausparer nachzahlen?

Wir raten, der angedrohten Kündigung zu widersprechen und die Fortsetzung des Vertrages zu verlangen. Wir empfehlen unseren Mandanten, keine solchen „rückständigen Beiträge“ nachzuzahlen. Falls jedes Risiko einer Kündigung ausgeschlossen werden soll, raten wir, allenfalls solche Beiträge nachzuzahlen, die innerhalb nicht verjährter Zeit fällig wurden.

Anders kann die Empfehlung aussehen, wenn die Bausparkasse nicht rückständige, sondern zukünftige Regelsparbeiträge bzw. die Wiederaufnahme der Leistung von Regelsparbeiträgen verlangt. Der Bausparer ist aber im vorliegenden Fall nicht hierzu aufgefordert worden.

Fazit:

Lassen Sie Kündigungserklärung der Bausparkassen bzw. Nachforderungen oder Drohungen mit Kündigungen immer anwaltlich prüfen. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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