3. Januar 2019 Kündigung von Bausparverträgen – welche Frist gilt?

Kündigung 10 Jahre nach Zuteilungsreife – es gibt Ausnahmen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden. Bausparkassen dürfen 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife grundsätzlich kündigen. Diese Frist kann sich aber verlängern, wenn in den Bausparvertrag ein weiterer Vertragszweck eingefügt wurde.

Grundsatz

Die beiden Urteile vom 21.02.2017 (XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) enthalten den Grundsatz, dass Bausparverträge in der Regel 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife durch die Bausparkasse gekündigt werden dürfen. Dann mit einer Frist von 6 Monaten.

Ausnahme

Darüber hinaus sind aber in ihnen wichtige Ausführungen dazu enthalten, wann Ausnahmen hiervon gelten. Wann Bausparverträge, die einen weiteren Vertragszweck enthalten, wie zum Beispiel eine Bonusregelung (in den Verträgen der Debeka, der Schwäbisch Hall oder der BHW Bausparkasse häufig der Fall), gekündigt werden dürfen. Bei solchen Verträgen kann die Kündigungsfrist auch erst nach der Zuteilungsreife zu laufen beginnen.

Bonus- und Vorteilstarife

Regelmäßig wird in Bonus- oder Vorteilstarifen nach Ablauf einer bestimmten Mindestspardauer (meist 7 Jahre) und bei Verzicht auf das Bauspardarlehen ein Bonus auf die Grundverzinsung des Vertrages gewährt. Dadurch erhöht sich zumeist die Verzinsung des Bausparguthabens von Anfang an. Auch gewähren manche Tarife einen Tilgungsvorteil für das Bauspardarlehen, wenn dieses nicht schon bei erstmaliger Zuteilungsreife abgerufen wird.

Der Bundesgerichtshof führte in seinem Urteil aus, dass die Frist für die Kündigung durch die Bausparkasse nicht schon mit Zuteilungsreife beginnt, wenn neben dem Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens noch ein weiterer Vertragszweck vereinbart ist, wodurch der eigentliche Hauptzweck des Vertrages modifiziert wird.

Wir gehen davon aus, dass die von den genannten Anbietern verwendeten Bonusregelungen eben solche weiteren Vertragszwecke sind. Nach der Grundform des Bausparvertrages besteht das Ziel nämlich darin, ein Bauspardarlehen zu erlangen, also die „Zuteilungsreife“ des Vertrages, um dann das Bauspardarlehen abrufen zu können. Eine Bonusregelung fügt einen anderen, weiteren Zweck dem Vertrag hinzu.

Unterschiedliche Ausgestaltung der Tarife

Die Bonusregelungen der verschiedenen Bausparkassen, auch je nach Tarif, fallen in der Praxis sehr unterschiedlich aus. Zum Teil ist der Vorteil nur davon abhängig, dass nach Ablauf einer bestimmten Sparzeit auf das Bauspardarlehen verzichtet wird. Andere Tarife gewähren einen der Höhe nach gestaffelten Tilgungs- oder Zinsvorteil. Bei diesen Verträgen muss der Bausparer nach der Zuteilung meist noch lange warten, bis der Vorteil in voller Höhe anfällt. In Verträgen z.B. der Debeka Bausparkasse liegt der Zeitpunkt des maximalen Bonus deutlich später als der Eintritt der Zuteilungsreife.

Zuteilungsreife und Mindestvertragsdauer

Zumeist ist nicht nur die Zuteilungsreife Voraussetzung für den Bonus, sondern auch eine Mindestvertragsdauer. Regelmäßig ist eine Mindestspardauer von 7 Jahren vereinbart. Wird der Vertrag vor Ablauf dieser Vertragslaufzeit zuteilungsreif, stellt sich die Frage, ob tatsächlich die zehnjährige Frist gemäß § 489 BGB bereits mit Zuteilungsreife zu laufen beginnt oder nicht erst nach Ablauf der Mindestvertragsdauer.

Der BGH hat in einer Entscheidung im Juli 2018 zu einem Zinsbonus-Tarif, der keine Mindestvertragsdauer vorsah, entschieden, dass es bei dem Beginn der zehnjährigen Frist gemäß § 489 BGB zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife verbleibt. Die Richter begründeten dies damit, weil das Wahlrecht auf eine höhere Guthabenverzinsung nicht nur zum Zeitpunkt der Zuteilungsreife einmalig besteht, sondern auch noch später bei Fortsetzung des Vertrages geltend gemacht werden kann.

Kündigung frühestens 10 Jahre ab Mindestvertragslaufzeit

Wenn das Wahlrecht auf einen Zinsbonus zum Zeitpunkt der Zuteilungsreife aber noch nicht besteht, weil die Mindestvertragslaufzeit noch nicht abgelaufen ist, beginnt die Frist gemäß § 489 BGB (zehn Jahre) auch nicht zu laufen. Der Bundesgerichtshof hat sich zwar in seinem Urteil nicht ausdrücklich zu dieser Frage geäußert, unseres Erachtens kann aber in diesen Fällen die Frist erst nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit zu laufen beginnen. Dies führt bei einer Mindestlaufzeit von 7 Jahren dazu, dass die Bausparkasse frühestens 17 Jahre nach Vertragsabschluss kündigen darf.

Kündigung frühestens 10 Jahre nach vollen Tilgungsvorteilen (Tilgungsbonus)

Im Tarif BS der Debeka Bausparkasse kann der Bausparer nicht nur einen Zinsbonus auf das Guthaben wählen, sondern er kann alternativ Tilgungsvorteile für das Bauspardarlehen erlangen. Setzt der Bausparer den Vertrag über den Zeitpunkt der Zuteilungsreife hinaus fort, reduzieren sich die Tilgungspflichten bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.

Weitersparen ermäßigt Pflichttilgung im Bauspardarlehen

Üblicherweise enthalten Bauspardarlehen relativ hohe Tilgungspflichten. Diese belasten Bausparer in der Darlehensphase und führen oft dazu, dass andere Darlehensangebote dem Bauspardarlehen vorgezogen werden. Dem begegnet die Debeka mit einer Reduktion der Pflichttilgungsbeiträge, wenn der Sparvorgang nach Zuteilungsreife fortgesetzt wird. Nimmt der Bausparer das Bauspardarlehens erst nach Zuteilung in Anspruch und spart weiter, ermäßigen sich die Tilgungsbelastungen bis auf die Hälfte.

Tilgungsvorteile modifizieren den Vertragszweck

Damit wirkt sich diese Vereinbarung direkt auf den Vertragszweck aus. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht Hauptzweck des Bausparvertrages darin, dass der Bausparer einen Anspruch auf ein Bauspardarlehen erlangt. Wir legen die Rechtsprechung so aus, dass Verträge auch erst 10 Jahre nach Erreichen der niedrigsten Tilgungsstufe im Bauspardarlehen gekündigt werden dürfen.

Fazit: Genau prüfen, ob die Kündigung berechtigt ist!

Kündigungen, obwohl die 10-Jahres-Frist ab Erreichen der niedrigsten Tilgungsstufe noch nicht abgelaufen war. Oder Kündigungen ohne Berücksichtigung, dass die Mindestvertragsdauer bei Zuteilungsreife noch nicht erreicht war, sollten auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angreifbar sein. Wir raten Bausparern, solche Kündigungen nicht zu akzeptieren. Sie sollten ihr Interesse an der Fortsetzung des Baupsarvertrages aktiv verfolgen und durchsetzen.

Es empfiehlt sich also, den Zeitpunkt der Zuteilungsreife zu prüfen. Darüber hinaus aber auch, von welchen Voraussetzungen der Erhalt weiterer Vorteile im Vertrag abhängig ist und wann diese Umstände eingetreten sind.

Nehmen sie Kontakt zu uns auf, wenn Sie betroffen sind, oder rufen Sie uns an.

Rechtsschutzversicherungen müssen im Regelfall die Kosten der anwaltlichen Vertretung und der Durchsetzung der Ansprüche gegenüber den Bausparkassen übernehmen.