6. Februar 2024 BGH bestätigt Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung bei Generali Rürup-Rente

Mögliche Rückabwicklung einer Generali Deutschland (Aachen Münchener Lebensversicherung) Rürup-Rente nach Widerruf

Mit Urteil vom 24.01.2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass eine Widerrufsbelehrung der Generali Deutschland Lebensversicherung AG (ehemals Aachen Münchener) fehlerhaft ist. Der durch die Versicherungsnehmerin (VN) im Jahr 2020 erklärte Widerruf ihrer im Jahr 2008 geschlossen Basisrentenversicherung (Rürup-Rente) war nicht verfristet, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 24.01.2024 ausführt. Da das Oberlandesgericht aber sich mit dem Einwand der Verwirkung in seinem Beschluss nicht befasst hatte, wurde der Rechtstreit wieder an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, denn der BGH darf als Revisionsgericht solche Tatsachenfeststellungen nicht selbst vornehmen.

Versicherungsnehmerin erhält bei Wirksamkeit des Widerrufs den Rückkaufswert einschließlich Abschluss- und Vertriebskosten

Durch den Widerruf kann der Vertrag aufgelöst werden und die Versicherungsnehmerin erhält nicht nur den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile ausbezahlt, sondern auch die zum Teil recht erheblichen Abschluss- und Vertriebskosten erstattet. So kann sie an das Vertragsguthaben des an sich nicht kündbaren Rürup-Renten Vertrags herankommen. Voraussetzung ist, dass der Widerruf nicht aus anderen Gründen, wie z.B. dem Einwand der Verwirkung, ausnahmsweise unwirksam ist. Dies hat nun das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall noch ergänzend zu prüfen.

Vertrag aus 2008 über eine Basisrente (Rürup-Rente)

Die Versicherungsnehmerin schloss im Jahr 2008 einen Basisrentenversicherungsvertrag bei der Aachen Münchener Lebensversicherung mit monatlicher Beitragszahlung ab. Während der Vertragslaufzeit nahm die VN eine erhebliche Zuzahlung in den Vertrag vor, stimmte einer Änderung der Versicherungsbedingungen zu und beantragte später, den Beitrag auf den monatlichen Mindestbeitrag herabzusetzen. Basisrentenversicherungen (Rürup-Renten) sind nicht im herkömmlichen Sinne wie eine Lebens- oder Rentenversicherung kündbar. Die Auszahlung eines Rückkaufswertes nach Kündigung ist bedingungsgemäß immer ausgeschlossen. Der Vertrag kann also nach den vertraglichen Bestimmungen nur beitragsfrei gestellt oder beitragspflichtig fortgeführt werden. Selbst bei Rentenbeginn kann lediglich die monatliche Rente, nicht aber eine Kapitalabfindung in Anspruch genommen werden. Eine Lösung des Vertrages bzw. eine Wiedererlangung der einbezahlten Beiträge in Form des Vertragsguthabens kann daher nur durch einen Widerruf erfolgen. Mehr dazu finden Sie auch in unserem Gastbeitrag auf dem Hartmut Walz Finanzblog.

Widerruf im Jahr 2020 erklärt

Die betroffene Versicherungsnehmerin des am BGH entschiedenen Falls erklärte im Mai 2020 gegenüber der Generali den Widerruf, da sie nicht ordnungsgemäß über ihre Rechte belehrt und informiert worden war. Wie der BGH jetzt bestätigte.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Widerruf zurück

Sowohl das Landgericht Frankenthal als auch das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken sahen den Widerruf aber als unwirksam an. Sie wiesen die Klage der VN in dem von Mayer & Mayer Rechtsanwälte geführten Verfahren ab. Das Landgericht war dabei zunächst der Auffassung, dass das Widerrufsrecht durch die VN jedenfalls rechtsmissbräuchlich und daher der Widerruf unwirksam (verwirkt) sei. Die VN habe durch ihr Verhalten den Eindruck erweckt, unbedingt am Vertrag festhalten zu wollen. Zudem habe sie die Möglichkeit gehabt, die Beiträge steuerlich abzusetzen, weshalb sie im Verlauf sogar noch einer hierfür erforderlichen Bedingungsänderung zugestimmt habe. Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete und von Mayer & Mayer Rechtsanwälte geführte Berufung der VN wies das OLG Zweibrücken durch Beschluss zurück. Die Belehrung sei „offensichtlich und eindeutig korrekt“, der Widerruf also unwirksam gewesen. Mit dem vom Landgericht allein vorgebrachten Argument, dass der Widerruf verwirkt sei, hatte sich das OLG überhaupt nicht auseinandergesetzt. Die Revision zum Bundesgerichtshof ließ das Oberlandesgericht – trotz bestehender entgegenstehender Rechtsprechung – nicht zu.

Bundesgerichtshofs hebt Entscheidung der Vorinstanz auf

Die von Mayer & Mayer vertretene VN legte hiergegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH ließ zunächst die Revision gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts zu und hob dessen Beschluss schließlich durch das Urteil vom 24.01.2024 mit der Begründung auf, der Widerruf der Rürup-Rente sei nicht verfristet und grundsätzlich noch möglich gewesen. Da die Widerrufsbelehrung – wie von Mayer & Mayer dargelegt – nicht ordnungsgemäß war, konnte die VN nach dem Bundesgerichtshof auch im Jahr 2020 den Widerruf grds. noch ausüben. Da das Oberlandesgericht sich mit dem Einwand der Verwirkung (aus seiner Sicht konsequent) bislang noch nicht beschäftigte, wurde das Verfahren an das OLG zurückverwiesen. Diese Prüfung muss dort nun nachgeholt werden.

Konsequenzen aus dem Urteil

Die Generali Deutschland Lebensversicherung AG hat damit einmal mehr eine empfindliche Niederlage erlitten. Denn jetzt schon ist durch den BGH festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung falsch und der Widerruf grds. zeitlich unbegrenzt auch bei einer Rürup-Rente möglich ist. Denn der jetzt im vorliegenden Fall noch offene Einwand der Verwirkung kommt nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Hierzu stellt der BGH regelmäßig strenge Anforderungen an die Voraussetzungen.

Die Entscheidung mutet umso bitterer an, weil die Generali in den zahlreichen von Mayer & Mayer geführten Verfahren gegen sie regelmäßig eine Einigung mit dem Argument „mit Blick auf das restliche Versicherungskollektiv“ ablehnt. Ob sie jedoch mit ihrer Strategie und der sich in Folge der von Mayer & Mayer erwirkten BGH Entscheidung abzeichnenden weiteren Urteile dem Versichertenkollektiv tatsächlich einen Gefallen getan hat, darf zumindest bezweifelt werden.

Ausstieg aus Rürup-Rente durch Widerruf

Auch dieses Verfahren zeigt einmal mehr, dass der Widerruf als Ausstieg aus der oftmals ausschließlich mit Vorteilen beworbenen – aber tatsächlich mit deutlichen Nachteilen behafteten Rürup-Rente – gelingen kann.

Zahlreiche Versicherer betroffen

Dies gilt nicht nur für Verträge der Generali Deutschland Lebensversicherung, sondern für nahezu alle Versicherer besonders im Zeitraum 2008-2010, wie zum Beispiel die Allianz Lebensversicherung. Aber auch in der Zeit danach, die identische oder ähnlich fehlerhafte Widerrufsbelehrungen erteilt haben. Denn manche Versicherer haben auch unbeirrt nach Einführung des Musterbelehrungsformulars durch den Gesetzgeber im Jahr 2010 weiterhin die höchstrichterlich als fehlerhaft bestätigte Widerrufsbelehrung verwendet, wie etwa die Nürnberger Lebensversicherung. Unabhängig davon lassen sich im Einzelfall aber auch in der Zeit nach 2010 je nach tatsächlich verwendeter Belehrung regelmäßig Fehler in den Widerrufsbelehrungen zahlreicher Versicherer finden, wie z.B. bei Allianz Lebensversicherung, Canada Life, Standard Life, Vorsorge Lebensversicherung, Württembergische Lebensversicherung und anderen. Es lohnt sich daher, den eigenen Vertrag einer anwaltlichen Überprüfung unterziehen zu lassen.

Mayer & Mayer Rechtsanwälte prüft auch Ihre Ausstiegsmöglichkeiten

Mayer & Mayer Rechtsanwälte steht den Verbrauchern als in diesen Fragen äußerst erfahrene Verbraucherkanzlei gerne zur Seite. Verbraucher können sich gerne im Rahmen einer ersten Beratung über ihre Rechte und Möglichkeiten des Ausstiegs aus den gegenüber anderen Sparformen sehr teuren Renten- und Lebensversicherungsverträgen beraten lassen. Mehr Informationen dazu finden Sie auf unserer Themenseite.

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