29. Januar 2018 Kündigungen von Bausparverträgen durch die Bausparkassen

Zuteilungsreife ist nicht allein entscheidend für eine Kündigung nach § 489 BGB

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bausparkassen dürfen 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife kündigen. Diese Frist kann sich aber verlängern, wenn in den Bausparvertrag ein weiterer Vertragszweck eingefügt wurde.

Der Bundesgerichtshof entschied mit zwei Urteilen vom 21.02.2017 (XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16)  die Grundsatzfrage, dass Bausparverträge in der Regel 10 Jahre nach Zuteilungsreife durch die Bausparkasse einseitig mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden dürfen. Die Urteile enthalten aber auch wichtige Ausführungen dazu, wann Bausparverträge, welche einen weiteren Vertragszweck enthalten, wie zum Beispiel eine Bonusregelung (z. B. in den Verträgen der Debeka, der Schwäbisch Hall oder der BHW Bausparkasse häufig der Fall), gekündigt werden dürfen. Bei solchen Verträgen kann die 10-Jahres Kündigungsfrist auch erst nach der Zuteilungsreife zu Laufen beginnen.

Bonustarife der Debeka, BHW oder Schwäbisch Hall

Regelmäßig wird in solchen Tarifen nach Ablauf einer bestimmten Mindestspardauer (von regelmäßig 7 Jahren) und bei Verzicht auf das Bauspardarlehen ein Bonus auf die Grundverzinsung des Vertrages gewährt. Dadurch erhöht sich dann zumeist die Verzinsung des Guthabens rückwirkend, also von Anfang an, um einen bestimmten Bonuszins.

Der Bundesgerichtshof führte in seinem Urteil aus, dass die Frist für die Kündigung durch die Bausparkasse nicht schon mit Zuteilungsreife beginnt, wenn neben dem Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens noch ein weiterer Vertragszweck vereinbart ist, wodurch der eigentliche Hauptzweck des Vertrages modifiziert wird. Wir gehen davon aus, dass die von den genannten Anbietern verwendeten Bonusregelungen eben solche weiteren, nicht grundsätzlich bei einem Bausparvertrag erforderlichen, Vertragszwecke sind. Nach der Grundform des Bausparvertrages besteht das Ziel darin, ein Bauspardarlehen zu erlangen, also die „Zuteilungsreife“ des Vertrages, um dann das Bauspardarlehen abrufen zu können. Die Bonusregelung fügt einen anderen, weiteren Zweck dem Vertrag hinzu.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entwickelt sich ständig weiter. Sehen Sie daher bitte auch unsere aktuelleren Artikel an. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Voraussetzungen: Zuteilungsreife und voller Zinsbonus

Wir gehen daher mit den Experten der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und der Zeitschrift Finanztest davon aus, dass bei Bonus-Bausparverträgen hinzukommen muss, dass die Bedingungen für den Zinsbonus ebenfalls erfüllt sind. Die Kündigung ist damit erst zulässig, wenn der Vertrag zuteilungsreif ist und die Voraussetzungen für den Bonus erfüllt sind und danach 10 Jahre abgelaufen sind (sehen Sie hierzu auch den Artikel in der Zeitschrift Finanztest mit einem Interview von RA Andreas Mayer).

Unterschiedliche Ausgestaltung von Bonusregelungen bei Bausparverträgen

Die Bonusregelungen der verschiedenen Bausparkassen, auch der verschiedenen Tarife, welche die einzelnen Bausparkassen angeboten haben, fallen in der Praxis sehr unterschiedlich aus.

Zum Teil ist der Bonus nur davon abhängig, dass nach Ablauf einer bestimmten Sparzeit und bei eingetretener Zuteilungsreife auf das Bauspardarlehen verzichtet wird. Bei anderen Tarifen ist der Bonus gestaffelt, was dazu führt, dass unter Umständen erst nach recht langer Vertragslaufzeit der Bonus in voller Höhe erst anfällt. Gerade bei solchen Verträgen, wie wir sie von der Debeka Bausparkasse kennen, liegt der Zeitpunkt des „maximalen“ Bonus nach der Staffel oftmals deutlich später als der Eintritt der Zuteilungsreife.

Kündigung ist erst 10 Jahre nach Erreichen des vollen Zinsbonus zulässig

Mayer & Mayer Rechtsanwälte interpretieren die Rechtsprechung des BGH so, dass bei solchen Verträgen eine Kündigung auch erst 10 Jahre nach Eintritt des maximalen Bonusanspruches ausgesprochen werden darf. Solche Bausparverträge enthalten ein vereinbartes Wahlrecht für den Bausparer: er darf sich zwischen dem Bonus und der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens entscheiden. Bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingungen für die Wahl, kann nicht davon ausgegangen werden, das der Vertrag von Seiten der Bausparkasse bereits vollständig „erfüllt“ ist, indem sie dem Bausparer „sein Bauspardarlehen“ zum Abruf zur Verfügung stellt.

Wir gehen aber grundsätzlich davon aus, dass der (zeitlich unbegrenzte), endgültige Verzicht auf das Bauspardarlehen als Voraussetzung für den Anfall des Zinsbonus nicht geeignet ist, die Kündigung durch die Bausparkasse sozusagen „unbegrenzt“ hinauszuschieben.

Hinweis: Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH im Jahre 2018 haben wir in einem Artikel aus dem Januar 2019 berücksichtigt.

Fazit: Genau prüfen, ob die Kündigung berechtigt ist!

Es dürfte einige Bausparverträge geben, die unberechtigt gekündigt wurden, weil die 10-Jahres-Frist ab Anfall des Bonus noch nicht abgelaufen war.

Es empfiehlt sich also, neben dem Zeitpunkt der Zuteilungsreife immer auch zu prüfen, von welchen zusätzlichen Voraussetzungen der Erhalt des Zins-Bonus im Vertrag abhängig ist und wann diese Umstände eingetreten sind.

Kontaktieren sie uns über unser Kontaktformular, wenn Sie betroffen sind, oder rufen Sie uns an. Rechtsschutzversicherungen müssen im Regelfall die Kosten der anwaltlichen Vertretung und der Durchsetzung der Ansprüche gegenüber den Bausparkassen übernehmen.