11. November 2016 OLG Karlsruhe: Kein Kündigungsrecht der Bausparkasse

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 8.11.2016 die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse für unwirksam erklärt.

Nach den Oberlandesgerichten Stuttgart und Bamberg liegt somit die dritte obergerichtliche Entscheidung vor, die Kündigungen allein wegen Ablaufes einer Frist von 10 Jahren nach Zuteilungsreife des Vertrages ablehnt. In Deutschland wurden in den vergangenen 2 Jahren zehntausende Bausparverträge mit dieser Begründung gekündigt.

Der Fall

Ein Ehepaar, das bereits im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 23.000 DM abgeschlossen hatte, klagte auf Fortsetzung des Vertrages. Der Vertrag war zwar seit 2002 zuteilungsreif, das Bauspardarlehen wurde von den Klägern jedoch nicht abgerufen. Das Guthaben des Bausparvertrages wird nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5% p.a. verzinst. Im Jahr 2015 hatte die Bausparkasse den Vertrag gekündigt, weil die Zuteilungsreife bereits seit über 10 Jahren eingetreten und das Bauspardarlehen nicht abgerufen worden sei.

Die vorhergehende Instanz, das Landgericht Karlsruhe, hatte den Klägern schon recht gegeben. Die Bausparkasse hatte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, blieb damit aber vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe erfolglos.

Zuteilungsreife führt nicht zum Beginn der Kündigungsfrist

Das OLG Karlsruhe begründete sein Urteil vom 8.11.2016 (Az. 17 U 185/15) damit, dass der Bausparkasse ein gesetzliches Kündigungsrecht nicht zustehe. Es lägen schon die Voraussetzungen der Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor. Die Bausparkasse stehe zwar in der Ansparphase des Bausparvertrages rechtlich in der Rolle der „Darlehensnehmerin“. Sie habe aber „das Darlehen“ (nämlich die Sparleistungen des Bausparers) noch nicht vollständig empfangen. Vollständig empfangen habe die Bausparkasse „das Darlehen“ erst, wenn die Bausparsumme erreicht sei, nicht bereits wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei. Also könne die 10-Jahresfrist des § 489 BGB auch erst nach vollständiger Ansparung der Bausparsumme beginnen und nicht früher.

Bausparkasse kann Regelsparbeitrag einfordern

Eine entsprechende Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei im Hinblick auf die Besonderheiten des Bauspargeschäftes abzulehnen. Die Bausparkasse sei auch (anders als von den Bausparkassen behauptet) nicht schutzlos. Das Gericht wies darauf hin, dass die Bausparkasse es nämlich selbst in der Hand habe, mit vertraglich zulässigen Mitteln den Vertrag zu einem absehbaren Ende in Form der Vollbesparung zu führen. Sie kann die Pflicht des Bausparers zur Einzahlung des Regelsparbeitrages bis zum Erreichen der Bausparsumme durchsetzen. Kommt der Bausparer dem dann nicht nach, so besteht nach den vertraglichen Vereinbarungen ein Kündigungsrecht. Ist die Bausparsumme vollständig angespart, kann die Bausparkasse den Vertrag kündigen. Der Zweck des Vertrages ist erreicht.

Bestätigung der Rechtsprechung des OLG Stuttgart und des OLG Bamberg

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich mit dieser Entscheidung der Ansicht der Begründung des Oberlandesgerichts Stuttgart im Urteil vom 30.03.2016, Az. 9 U 171/15, angeschlossen (siehe hierzu unseren Artikel). Das Oberlandesgericht Bamberg hat ebenfalls bereits positiv für die Bausparer entschieden.

Es ist zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof sich diesen sauber begründeten Entscheidungen anschließen wird und den Bausparern zu ihrem Recht verhilft, damit sich die Bausparkassen nicht aus den von ihnen sehenden Auges eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen stehlen können.