20. Februar 2017 Kündigungen durch Bausparkassen

Die Aachener Bausparkasse AG kündigt bestehende Bausparverträge, weil deren Fortsetzung unzumutbar sei.

Die neueste Masche unter den „Kündigungs-Jokern“?

Eigentlich sollte man meinen, dass Bausparkassen gerne Bausparverträge mit Bausparern unterhalten. Seit der Niedrigzinsphase scheint dies aber nicht mehr bedingungslos zu gelten. Immer häufiger werden bestehende Verträge aus „Hochzinszeiten“ gekündigt.

Die Kündigungs-Joker der Bausparkassen:
→ 10 Jahre nach Zuteilung

So haben viele Bausparkassen ihren Bausparern schon wegen Zeitablaufs von zehn Jahren ab Zuteilungsreife gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung ausgesprochen. Die Rechtsprechung ist hierzu noch kontrovers – wir berichteten bereits hierzu. Der Bundesgerichtshof soll am 21.2.2017 zur Rechtmäßigkeit dieser Kündigungen urteilen.

→ Übersparung mit Bonus

Darüber hinaus haben vereinzelt Bausparkassen auch wegen der vermeintlichen „Übersparung“ des Bausparvertrags Kündigungen erklärt, obwohl das vorhandene Guthaben noch gar nicht die Bausparsumme erreicht hatte. Zur Begründung wurde in diesen Fällen angeführt, dass bei Hinzurechnung des vereinbarten Zinsbonus der Bausparvertrag überspart sei. Da der Zinsbonus in diesen Fällen aber noch gar nicht angefallen war, sondern erst durch die Kündigung der Bausparkasse überhaupt entstand, erteilte das Oberlandesgericht Celle solchen Begründungen der BHW Bausparkasse AG eine klare Absage.

Neuester Joker der Aachener Bausparkasse: Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung

Die Aachener Bausparkasse geht nun über diese bisherigen Praktiken diverser Anbieter (wie z.B. BHW, LBS, Schwäbisch Hall, BSQ) noch hinaus. Sie geht dabei in einem uns vorliegenden Fall wie folgt vor:

Die Aachener Bausparkasse AG hatte bereits Ende 2016 an die Bausparer ein Schreiben versandt, in dem sie die „Umstellung“ des Altvertrages anbot. Der Tarifwechsel biete die Möglichkeit, sich das „historisch niedrige Zinsniveau für ein künftiges Bauspardarlehen zu sichern“, bzw. ein „Tarif-Update“ durchzuführen.

Der Wechsel des Tarifs in einen aktuellen Bauspartarif wäre aber die Folge gewesen, dass die Guthabenverzinsung gegenüber dem „Altvertrag“ deutlich absinkt und dafür ein Anspruch auf ein „zinsgünstiges“ Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 1,95 % p. a. oder 2,95 % p. a. im Tarif E2 zwar erlangt werden kann. Unsere Mandanten hätten bei diesem Wechsel aber ihre Guthabenverzinsung von 4,75 % pro Jahr verloren und stattdessen in eine Variante gewechselt, bei der sie maximal 1,5 % Guthabenverzinsung in der Zukunft noch hätten erzielen können. Den Vorschlag lehnten unsere Mandanten daher ab.

Androhung der Kündigung – die angeblichen Gründe

In einem weiteren Schreiben stellte deshalb die Aachener Bausparkasse die Kündigung des Vertrags in Aussicht für den Fall, dass der Tarifwechsel nicht akzeptiert wird. Sollte auch die Guthabenauszahlung nicht von den Kunden abgefordert werden, würde der Bausparvertrag gekündigt werden. Zur Begründung wies die Bausparkasse darauf hin, dass sie die hohen Guthabenzinsen „mit ihrem nach dem Bausparkassengesetz eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten auf den Kapitalmärkten nicht mehr erwirtschaften“ könne.

Ein derartiges „Ungleichgewicht von Aufwand und Ertrag kann die Aachener Bausparkasse AG, deren vordringliche Aufgabe die verantwortungsvolle Verwaltung und Steuerung des Bausparkollektivs ist, nicht hinnehmen“. Es bedürfe vielmehr „nachhaltiger Korrekturmaßnahmen mit dem Ziel, eine Beschädigung unserer Bausparkasse und die damit verbundene Benachteiligung der gesamten Bausparergemeinschaft zu verhindern“.

Zum „Schutz und im Interesse aller Bausparer“ sei sie daher gezwungen, ein Angebot auf Vertragsanpassung zu aktuellen Marktverhältnissen zu unterbreiten. In den Fällen, in denen dieses Vertragsanpassungsangebot nicht angenommen würde, „lassen sich anschließende Vertragskündigungen leider nicht vermeiden“.

Kündigung des Bausparvertrages wegen Unzumutbarkeit

Zwischenzeitlich wurde die Kündigung dann auch tatsächlich ausgesprochen. Diese wird jetzt damit begründet, dass „ein Bausparvertrag kein bankübliches Sparkonto ist und nicht zur Geldanlage genutzt werden darf“. Bausparer, die weiter sparen würden schädigten nicht nur die Bausparkasse sondern auch die gesamte Bausparergemeinschaft“.

Die Aachener Bausparkasse sieht sich daher gezwungen den „Bausparvertrag nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund bzw. nach § 313 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu kündigen“.

Sind Bausparverträge mit alten Tarifen unzumutbar?

Mayer & Mayer Rechtsanwälte kritisieren an dieser Vorgehensweise, dass mit keinem Wort die wirtschaftliche Situation der Bausparkasse überhaupt einmal dargestellt wurde. Es wurde nicht dargestellt, welche Kapitalanlagemöglichkeiten die Bausparkasse besitzt und wie sie diese nutzt.

Der Verweis auf vermeintlich „eingeschränkte Anlagemöglichkeiten“ nach dem Bausparkassengesetz, greift nicht. Denn dieses Gesetz wurde unlängst geändert. Bausparkassen dürfen jetzt auch – fast wie „normale Banken“ – Anlagemöglichkeiten am Kapitalmarkt wahrnehmen und bankenübliche Geschäfte tätigen. Die behauptete „eingeschränkten Anlagemöglichkeiten“ bzw. die „eingeschränkte Möglichkeit der Verwendung der Gelder der Bausparkassenkunden“ begegnet damit ernsten Zweifeln.

Die Veränderung des „Zinsumfelds“ ist letztlich eine Marktsituation die dem Grunde nach nicht ungewöhnlich ist. Zinsen können am Markt sinken und steigen. Bausparkassen, die feste Zinssätze sowohl für die Guthabenverzinsung als auch für die Darlehensverzinsung eines Bauspardarlehens in ihren Verträgen anbieten, stehen der Natur gemäß im Risiko, dass sie sich „verkalkulieren“. Diese Umstände muss ein Unternehmer (hier die Bausparkasse) berücksichtigen.

Wegfall der Geschäftsgrundlage??

Derartige Umstände können nach unserer Überzeugung keinen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ oder eine „nachhaltige Störung der Geschäftsgrundlage“ begründen. Schon gar nicht dahingehend, dass die Bausparer, die bereits Jahre lang treu ihren Vertrag bedient haben, nun zu einem Tarifwechsel zu aktuellen Konditionen gezwungen werden können.

Besonders pikant ist, dass die Aachener Bausparkasse im Jahr 2012 die ursprünglich mit der HUK-Coburg Bausparkasse im Jahr 2002 abgeschlossenen Verträge unserer Mandantschaft im Rahmen einer Verschmelzung übernommen hat. Seitdem sind noch nicht einmal 5 Jahre vergangen. Im Jahr 2012 waren die Zinsen am Markt allerdings schon sehr deutlich gesunken im Verhältnis zu der Zeit des Vertragsabschlusses.